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Die Episode schlägt sogleich eine Dramatik ein, die fasziniert und elektrisiert: Die Folge traut sich offenkundig was und „dringt ein“. Nicht nur in uns, sondern auch in die Figur des Columbo. Das lässt ihn uns einerseits näherkommen, schmerzt aber auch (ihn wie uns). Damit werden gleichzeitig das Gesetz der Serie bedient und ausgetretene Pfade verlassen, damit dringen wir tatsächlich tiefer zu Columbo vor. Dass das gleichzeitig nicht zum peinlichen Seelenstriptease vieler Tatort-Kommissare verkommt, erschließt sich ganz genau erst am Ende. Geschickt suggeriert die Folge den einen oder anderen Tabubruch, der dann doch ausbleibt. Doch zurück zum Anfang in einem Rückblendenfilm. Geradezu elektrisiert war ich ob der Hommage an einen Filmklassiker, den ich heiß und innig liebe, der aber den Sprung in den Olymp der Filmgeschichte verpasst hat: „Die barfüßige Gräfin“ (USA 1954) von Joseph L. Mankiewicz. Dieser geniale Erzähler schuf das Porträt einer Frau in Rückblenden von ihrer Beerdigung ausgehend. Es regnete, und damals hatte Humphrey Bogart, wie jetzt Columbo, als einziger keinen Schirm und wirkte auch handlungsbedingt wie ein begossener Pudel. Dann auch noch die Rückblenden aus verschiedenen Perspektiven in beiden Filmen – das kann doch kaum ein Zufall sein? Leider zeigt sich bei der schönen Idee, dass die Episode erzähltechnisch mit der „Gräfin“ nicht mithalten kann, dem einzigen mir bekannten Film, in dem das Gesetz eingehalten wird, dass rückblickend nur das erzählt wird, was der Erzähler auch wissen kann. Das ergibt grad bei den Perspektivwechseln ein faszinierendes Puzzle. Hier hingegen: Jede Menge Brüche mit dieser Erzähllogik. Während bei Mankiewicz das multiperspektivische Vorgehen als kongeniale Vermittlung einer nur im und durch den Blick der anderen existierenden Hauptfigur geradezu zwingend erscheint, ist es hier letztlich Täuschung. Nett, aber überflüssig und irgendwie auch falsch. Es sind zwar verschiedene Personen, die – wie auch bei der „Gräfin“ durch einen inneren Monolog – die Rückblenden einleiten. Aber dann kommt dieselbe Geschichte. Zudem hätte man Columbo selbst als Rückblickenden gebraucht, da streng genommen nur er uns den typischen Informationsvorsprung hätte vermitteln können, den es natürlich auch hier gibt. Dass wir gleichwohl eine diesmal besonders trickreiche Auflösung nicht kennen und bzgl. gewisser Details sogar gezielt an der Nase herumgeführt werden, erhöht das Vergnügen nur. Eine insgesamt gelungene Episode, die auch ansonsten die Tugend mancher der späteren Folgen pflegt, wagemutig zu sein, z.B. auch mal optisch expressiv und ungewöhnlich zu sein wie etwa in dem traurig-schönen „Totentanz“ der Täterin, in dem sie ein Dia des verstorbenen Gatten auf sich selbst projiziert. Während es früher manche Folge gab, die „nichts falsch machte“ und die wirklich gut war, ist dies eine, die manchmal großartig ist, sich in ihrem Mankiewicz-Tribut aber geringfügig verhebt. Jeder möge selbst beurteilen, ob ein Film besser ist, wenn er die nicht ganz so hohe Messlatte bravourös meistert, oder, wie hier, wenn er die extrem hoch gelegte Messlatte knapp verfehlt. Sehr knapp. Phasenweise geradezu begeisternd und locker 8 von 9. |